"Aggression basiert, fast immer, auf Angst"

oder wie Gerald G. Jampolsky sagt: Du bist nie aus dem Grund verstimmt, den du annimmst. Immer wieder sieht man sie, die Menschen die ungerecht sind zu Pferden - und manchmal ist man einer davon. Einer von denen, die das Pferd für etwas bestrafen, dass es nicht versteht. Härter mit ihm umgehen, als sie es wollen. Denn eigentlich wollte man ja ein vertrauensvolles, freundliches, schönes Zusammensein mit dem Pferd. Und dann hat man sich doch wieder geärgert, wurde doch wieder sauer, dass das Pferd nicht tat, was es sollte. Und man setzte die Gerte mal fester ein, übersieht die Muskeln die sich schmerzhaft zusammenziehen. Ruckt am Kopf und schaut dabei nicht in die angstgeweiteten oder schmerzhaft ergebenen Augen. Tritt mal fester in den Bauch und merkt das verschreckte Luftanhalten nicht. Schickt es jetzt doch mal mit mehr Druck in eine unbequeme Richtung. Schließlich kann man das „unerwünschte Verhalten“ ja nicht durchgehen lassen. Doch wenn die Arbeitseinheit beendet ist, bleibt ein schaler Geschmack, ein ungutes Gefühl, denn eigentlich …. will man so gar nicht mit seinem Pferd umgehen. Auch das Leckerli am Ende macht das Pferd nicht vergessen, das man es seinen Ärger spüren lies. Oft schiebt man das Erlebte dann weg, oder schaut nach „den Andern“, die nicht nett zu ihrem Pferd, die doch viel schlimmer sind, als man selbst. Und redet sich sein eigenes „unerwünschtes Verhalten“ schön……. Bis man es wieder tut. Mir hilft es oft, die Menschen zu verstehen, wenn ich darüber nachdenke, warum ein Pferd ein unerwünschtes Verhalten zeigt und wie ich damit umgehe. Bei einem Pferd bin ich mir sicher, dass es 3 Gründe für unerwünschtes Verhalten gibt: 1. Es versteht die Aufgabe nicht 2. Es ist körperlich nicht in der Lage es auszuführen 3. Es fürchtet sich
Ignoriere ich diese Gründe und verlange weiterhin einfach nur die Ausführung meiner Wünsche werden die Pferde „gefährlicher“. Sie wenden mehr Kraft an, um der Aufgabe zu entgehen, sie beginnen zu rempeln, zu zwicken oder zu treten. Sie verhalten sich „aggressiver“ und diese Aggression basiert auf ihrer Angst. Der Angst es falsch zu machen, der Angst vor den Schmerzen, die es körperlich auslöst, der elementaren Überlebensangst. Meine Aufgabe als guter Pferdemensch ist es, herauszufinden welcher der 3 Punkte zutrifft und die Übung dann so zu verändern, dass ich sicherstellen kann, das Pferd versteht mich, meine Anforderung passt zu seinen körperlichem Möglichkeiten und es fürchtet sich nicht. Wenn ich glaube alle Punkte erfüllt zu haben und es tut es noch immer nicht, forsche ich noch mal genauer. Gerade beim letzten Punkt braucht es oft genaueres Hinsehen, da wir nicht immer verstehen können, was für einen Anderen „furchtbar“ sein kann. Und oft geht es uns sogar mit uns selbst so. Den auch wir agieren hart, wenn wir Angst haben. Jampolsky schreibt: „Du bist nie aus dem Grund verstimmt, den du annimmst.“ Und das ist auch beim Pferdetraining wahr. Der Reiter, der unnachgiebig in die Zügel greift, fürchtet sich oft vor Kontrollverlust, vor dem Pferd das zu schnell wird und er herunterfallen könnte. Das ist leicht zu erkennen, doch ebenso fürchtet sich der Reiter, der sein Pferd die Gerte spüren lässt, so dass seinen Muskeln vor Schmerz zusammen zucken, wenn es nicht vorwärts geht. Er fürchtet sich vielleicht vorm Gelächter seinen Reiterkollegen, davor nicht „gut genug“ zu sein, für die Andern, die ihm zuschauen. Der andere hat eng verschnallte Hilfszügel drauf, weil er denkt, sein Pferd wird krank, wenn er es anders reitet. Doch oft sind die Ängste viel tiefer unten und erscheinen nicht auf den ersten Blick. Die Ängste beeinflussen unser Verhalten und nicht immer ist es leicht, sie zu entdecken. Manchmal braucht es das Gespräch mit einem weisen Freund oder Coach, um dem auf die Sprünge zu kommen, das einen so hart werden lässt. Manchmal genügt schon allein die Erkenntnis - manchmal braucht es auch noch etwas Hilfe beim neuen Weg. Doch es gibt ihn immer, den Weg aus der Angst in die Gelassenheit.
Nicht umsonst heißt schon der 2. Punkt der Skala der Ausbildung „Los-Gelassenheit“.
Erst wenn sie im Reiter vorhanden ist, kann sie im Pferd entstehen. Reiten schult den Menschen, sagt man. Ja! Das tut es! Doch nur, wenn der sich auch die Aufgabe stellt, seine Emotionen zu kontrollieren. Wenn er lernt seinen Aggressionen wahrzunehmen und NICHT danach zu handeln. Wenn er nach einem Grund in sich selber sucht, für seine Wut, seinen Zorn, seinen Ärger. Und seinem Pferde gegenüber freundlich bleibt. Dann ist es eine wahrhaft meisterliche Menschenschule, das Leben und Arbeiten mit dem Pferd. Eine Schule, die ein freundlicheres Miteinander möglich macht - ein friedliches Leben.
Die Wege aus der Aggression, die Wege aus der Angst, die man beim Pferd lernte, kann man nahezu überall anwenden. Ich liebe es, diese Wege zu entdecken, zu gehen und zu lehren. Man kommt immer noch ein bisschen leichter und fröhlicher vom Pferd zurück nach Hause. Denn dann genießt man die Freundschaft des Pferdes, lebt seinen Traum und das Herz schlägt stärker. <3